ESO/M. Kornmesser
Basiswissen

Was sind Pulsare?

Wenn Neutronensterne Pirouetten drehen: Dieser Pulsar wird von einem Stern begleitet. Mithilfe seiner ungeheuren Gravitation kann der Pulsar Materie vom Stern klauen und in einer Scheibe um sich herum sammeln.
(Bild: ESO/M. Kornmesser)

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Sie sind faszinierende Himmelsobjekte: Die Bezeichnung „Pulsar“ ist dabei eigentlich ein Kunstwort und setzt sich aus den englischen Worten „PULSAting source“ und „Radio emission“ zusammen. Aufgrund der immer neuen Erkenntnisse, die die moderne Wissenschaft über diese pulsierenden Radioquellen gewinnt, ist ihre künstliche Bezeichnung allerdings schnell in den normalen Sprachgebrauch übergegangen. Dabei sind Pulsare alles andere als normal! Bei diesen astronomischen Objekten handelt es sich nämlich um ein ganz besonderes Endstadium eines massereichen Sterns.

Hat ein solcher das Ende seiner Lebensdauer erreicht und seinen Brennstoffvorrat aufgebraucht, nimmt der Strahlungsdruck in seinem Inneren ab und die Gravitation gewinnt die Oberhand – das Gleichgewicht ist aufgelöst und der Stern kollabiert. Allen Neutronensternen ist gemein, dass sie – in kosmischen Maßstäben – sehr kleine Durchmesser (um die zehn Kilometer) bei extrem hohen Dichten besitzen. So gelten sie als kompakteste Objekte im Universum (ohne Ereignishorizont, wie etwa bei Schwarzen Löchern). Zudem weisen sie so extrem starke Magnetfelder auf, dass Atome in ihrer Nähe in die Länge gezogen würden, da die Kräfte zwischen Elektronen und Atomkern zu schwach wären.

Besonders spannend werden die Beobachtungen, wenn die Achse des Magnetfeldes und die Rotationsachse des Neutronensterns nicht übereinstimmen. Dann nämlich sendet der Neutronenstern entlang der Magnetfeldachse Strahlung aus, die das 100.000-Fache der Strahlungsleistung unserer Sonne erreicht und aus seiner Rotationsenergie gespeist wird. Das hat zur Folge, dass sich der Pulsar im Laufe der Zeit immer weiter verlangsamt, wodurch seine Lebensdauer auf etwa zehn Millionen Jahre beschränkt ist. Den Strahlungskegel entlang der Magnetfeldachse erhält ein Pulsar dadurch, dass sich seine Magnetfeldlinien durch den ihn umgebenden ionisierten Gasnebel bewegen. Somit werden die geladenen Teilchen längs der Magnetfeldlinien mitgenommen und senden Strahlung aus. Liegt die Erde zufällig auf der richtigen Achse, empfangen wir – wie von einem Leuchtturm im All – die auffälligen Strahlungsblitze.

Der erste Pulsar wurde 1967 entdeckt, als Jocelyn Bell und ihr Doktorvater Antony Hewish am Mullard Radio Astronomy Observatory nach Radioquellen suchten. Dabei fiel ihnen die Quelle mit der späteren Bezeichnung PSR B1919+21 durch ihre stark regelmäßigen Signale auf, was sie zunächst zu dem Namen „Little Green Man 1“ verleitete. Dieser hat mit 1,337 Sekunden eine vergleichsweise große Rotationsperiode und ist etwa 2000 Lichtjahre von uns entfernt.

NASA/Sonoma State University, Aurore Simonnet

Schwarze Witwen

Besonders „fies“ sind die sogenannten Schwarzen Witwen: Ein Begleitstern befindet sich so nah an seinem Millisekundenpulsar, dass er erhitzt und im Laufe der Zeit verdampft. Da drängt sich der Vergleich mit den namensgebenden Spinnen auf.
(Bild: NASA/Sonoma State University, Aurore Simonnet)

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Der erste Millisekundenpulsar – die Sportwagen unter den Pulsaren – wurde erst zwölf Jahre später entdeckt und trägt die klangvolle Bezeichnung PSR 1937+21. Seine Rotationsdauer beträgt 1,558 Millisekunden und ist so regelmäßig, dass sie sogar die Genauigkeit von Atomuhren übertrifft. Neben der deutlich kürzeren Rotationsdauer unterscheiden sich Millisekundenpulsare außerdem durch ihr schwaches Magnetfeld von den „langsamen“ Pulsaren, wodurch sie deutlich weniger abgebremst werden und somit längere Lebensdauern aufweisen. Noch ist nicht hundertprozentig klar, wie Millisekundenpulsare auf solch hohe Rotationsgeschwindigkeiten kommen. Man vermutet allerdings, dass es sich um alte Neutronensterne handelt, die Material von einem Begleitstern anzapfen und dadurch richtig an Fahrt gewinnen. Aus diesem Grund liest man auch manchmal den Spitznamen „recycelte Pulsare“.

Das Radioteleskop-Netzwerk LOFAR entdeckte 2016 einen Millisekundenpulsar, der es in sich hat: Mit 707 Umdrehungen pro Sekunde ist PSR J0952-0607 der zweitschnellste Pulsar, der jemals aufgespürt wurde. Er ist zwischen 3200 und 5700 Lichtjahren entfernt und nur wenig langsamer als der bislang (Stand: Februar 2025) rasanteste Pulsar: PSR J1748-2446ad dreht sich unfassbare 716-mal pro Sekunde!

Doch damit ist dem Geschwindigkeitswahn noch kein Ende gesetzt: Rein theoretisch ließen Pulsare unter idealen Bedingungen bis zu 1200 Umdrehungen pro Sekunde zu, bevor die abgestrahlten Gravitationswellen zu stark wären. Bislang konnte jedoch ein solch „überdrehter“ Neutronenstern noch nicht beobachtet werden.

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